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Es ist Usus, sich bei der Verwaltung und besonders beim Stadtkämmerer „ganz herzlich und ausdrücklich“ für ihre Arbeit zu bedanken. Ich hab diese Überschwänglichkeit nie so ganz verstanden und mich deswegen auch nicht besonders bedankt. Diesmal aber möchte ich das ganz ausdrücklich tun. Danke Verwaltung, danke Herr Deller und danke Frau Karg. Viele in unserer letzten Haushaltsrede geforderten Änderungen wurden umgesetzt - diesmal gab es den Haushalt als bearbeitbare Excel-Liste - es war möglich die Entwicklung einzelner Haushaltsstellen in den letzten Jahren zu verfolgen - in den Sitzungen des HFA konnte man die Begründungen für die einzelnen Budgetanmeldungen bei den regelmäßig anwesenden RessortleiterInnen nachfragen und die Stimmung war gut. Also nochmal Danke
Trotzdem bleibt immer noch vieles unklar und schwer nachvollziehbar. Letztes Jahr haben wir das an den Haushaltsstellen 5430 und 5435 „Reinigung und Reinigungsmittel“ beispielhaft erläutert. Die Gesamtkosten hierfür sind 2021 um 14,2% auf 1.174.900 € gestiegen. Das hat wahrscheinlich mit Corona zu tun. Geblieben ist das zum Teil absurde Verhältnis zwischen Reinigung und Reinigungsmittel. Geblieben ist auch, dass die Aufwendungen besonders in den Schulen weder auf die zu reinigenden Flächen noch auf die Schülerzahlen zurückführbar sind. – auch 2021 werden in der Söckinger Schule pro Kind und Jahr 456,52 € (2020 waren es 444,40 €) veranschlagt, in der Schule Percha aber nur 337,50 € (277,50 €) und am Gymnasium nur 233,70 € . Rühmliche Ausnahme ist die Feuerwehr Starnberg, da wurden für die Reinigungskosten 2021 weniger als die Hälfte der 2020-Kosten angemeldet. Falls da kein Buchungsfehler vorliegt, wäre es großartig, wenn die Feuerwehr den Schulen und Dienststellen mitteilt, wie sie das fertiggebracht haben. Was Sparen und sorgsamen Umgang mit den Steuergeldern angeht, gibt es jedenfalls noch Luft nach oben. Das gilt auch für vergleichsweise kleine Posten. Kleinvieh macht eben auch Mist. Die Fernsprechgebühren der Stadt schlagen mit 79.500 € zu Buche. Das ist, verglichen mit Dienstleistungsfirmen mit ca. 300 Angestellten sehr sehr hoch. Dabei kann man die Telefonkosten der gesamten Verwaltung von 20.300 € gerade noch verstehen, schwerer ist schon zu begreifen wie die je 12.000 € reine Fernsprechgebühren für das Schwimmbad und die Musikschule zustande kommen. Und dass die Telefonkosten in der Schule in Söcking mit 1.800 € mehr als 3-mal so hoch sind wie die der Schule in Percha passt zu den exorbitanten Reinigungskosten, müsste aber geklärt werden. Man kann diese Untersuchungen und Vergleiche auf fast alle diese „Kleinvieh“- Positionen ausdehnen – Kopierpapierverbrauch (18.900 €), Arbeitsgeräte (5220 =331.100 €, 2020 = 388.700 €) Zimmerausstattung, Inventar usw.
Dass eine eher sparsame oder eher verschwenderische Ausgabenpolitik der jeweiligen Verwaltungseinheiten sich heftig auswirken kann lässt sich wieder am Beispiel der Schulen aufzeigen. Die Schule Söcking hat aktuell 230 Schüler und meldet Gesamtkosten von 504.700 € an, die Schule Percha hat aktuell 120 Schüler, meldet aber nur 206.600 €. Geht man davon aus, dass die Schüler in Percha ordentlich versorgt sind, dann dürften sich die Ausgaben in Söcking auf nur 395.981 € belaufen, eine Differenz von immerhin 108.719 € Worauf wollen wir hinaus: wir stellen uns vor, dass die Finanzverwaltung sich ein Beispiel am Wasserwerk nimmt. Das Wasserwerk hat das verständliche Ziel alle Leckagen in seinem Leitungsnetz nach und nach zu beseitigen. Sie nehmen sich daher jedes Jahr einen bestimmten Abschnitt vor, den sie sanieren. Der Erfolg ist deutlich messbar, Starnberg hat im Vergleich zu anderen Wasserwerken dieser Größe sehr wenig Leitungsverluste. Genauso müsste es die Finanzverwaltung machen. Jedes Jahr nimmt man sich eine Gruppe von Positionen vor, identifiziert die Ausreißer und gelangt auf diesem Weg zu einer nachvollziehbaren Kostenstruktur. Man kann das auch Kosten-Controlling nennen. Soviel zum Kleinvieh.
Die wirklich großen Positionen im Haushalt sozusagen das Großvieh und die heiligen Kühe, das sind – natürlich - die Personalausgaben (18,4 Mio €) und die Kreisumlage (18,9 Mio €). Bei letzterer wird gern die Rechnung aufgemacht was wir alles machen könnten wenn es die Kreisumlage nicht gäbe, dabei wird gern unterschlagen, was wir alles ausgeben müssten wenn es den Kreis nicht gäbe. Bei den Personalausgaben – die haben sich in Starnberg seit 2007 verdoppelt – gerät man schnell in ein von Vorurteilen gegen den öffentlichen Dienst vermintes Gelände. Es ist halt den Bürgern nur schwer zu vermitteln warum die Digitalisierung der Verwaltung – nur für „Softwarepflege“ fallen dieses Jahr 391.000 € an – nicht dazu führt, dass wenigstens die beständige Zunahme des Personals gestoppt wird. Dass es in Pandemie-Zeiten gelungen ist, einen Haushalt aufzustellen ist schon ein Erfolg. Es war ein hartes Stück Arbeit. Im Verwaltungshaushalt sieht man deutliche Anstrengungen zu sparen. (nur 0,42% Steigerung, bei den Sachausgaben sogar 1,2% eingespart) Die meisten freiwilligen Zuschüsse konnten erhalten werden. Im Vermögenshaushalt wurden - endlich - über 7,7 Mio € Haushaltsreste aufgelöst. Dass in Krisenzeiten gespart werden muss, ist klar, wo am meisten gekürzt wird und wer andererseits seine Wünsche auch unter Sparzwang durchsetzen kann, das verdeutlicht die Werteskala eines Stadtrates.
Die freiwilligen Leistungen für die Wohlfahrtspflege wurden um 10% gekürzt, dabei wurden sage und schreibe 2.800 € eingespart Der Betriebshof konnte seinen ohnehin hohen Fahrzeugbestand um 484.000 € erhöhen. Dass auch die Haushaltsstellen 1141 „Umweltschutz“ (- 75 % gegenüber 2020) und energetische Sanierung (- 30%) heftig gekürzt wurden versteht sich da von selbst. Genauso wie man sich bei den beiden neuen Autos für den Hausmeister und den Gemeindeboten natürlich für Verbrenner und gegen Elektroautos entschieden hat, ob ein Auto auch gereicht hätte, wurde gar nicht ernsthaft diskutiert. Was man auch diesem Haushalt anmerkt ist, dass Starnberg nicht nur das selbst gesteckte Ziel bis 2035 klimaneutral zu sein noch nie ernst genommen hat, sondern auch den Klimawandel leugnet. 2 Beispiele verdeutlichen das in besonderer Schärfe Im Pandemie-Jahr 2021 wurde von der Mehrheit des Stadtrates die faunistische Kartierung der sog. Nord-Ost-Umfahrung beauftragt. Für 222.300 €. Damit wir uns recht verstehen, die Fauna wird nicht kartiert um das Artensterben zu dokumentieren, sondern um eine weiter Straße zu planen. Obwohl alle wissen, eine NE-Umfahrung ist, wenn überhaupt jemals, erst diskutierbar, wenn sich herausstellt, dass der Tunnel nicht die nötige Verkehrsentlastung bringt – also frühestens in 10 Jahren, zu einem Zeitpunkt also wo diese Kartierung längst nicht mehr aktuell sein wird und in jedem Fall wiederholt werden müsste. Für den Straßenbau ist uns nichts zu viel.
Ein noch krasseres Beispiel ist das Gewerbegebiet Schorn. Damit wird ein wahrer Dinosaurier zum Leben erweckt -3000 Arbeitsplätze so weit weg wie möglich vom Stadtzentrum auf der grünen Wiese. Und dann freut sich unser Bürgermeister zusammen mit der Mehrheit des Stadtrates, wenn uns die vom Investor bezahlte Biologin versichert, dass die 42 ha Landschaft durch das Gewerbegebiet „ökologisch aufgewertet“ werden. Die Idee, man würde „ökologisch aufwerten“ oder „etwas fürs Klima tun“ wenn man an 20 Meter hohen Parkhäusern für 3000 Autos ein paar Nisthilfen für Mauersegler anbringt, ein wenig von alternativer Energie-Erzeugung redet und auch sonst bei der Präsentation heftiges „green washing“ betreibt, ist naiv. Noch naiver ist, dass nicht erkannt wird, dass Schorn nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch ein Desaster ist. Warum ist Starnberg so begehrt, dass bei uns die Grundstückspreise durch die Decke gehen? Warum wollen die Menschen hierher? Weil wir in einer wirklich schönen Landschaft leben. Selbst wenn uns Klimaschutz, Ökologie und Artensterben völlig gleichgültig wären, müssten wir aus rein ökonomischen Interessen alles tun, um diese Landschaft zu erhalten. Wir haben in Starnberg nahezu Vollbeschäftigung, mehr Einpendler als Auspendler, wir brauchen weder 3000 neue Arbeitsplätze und schon gar nicht 18.000 neue Arbeitsplätze, die nach der Rechnung vom Landratsamt in Schorn möglich wären, wir brauchen auch nicht noch mehr Verkehr. Wer in Starnberg wirklich ökonomisch denkt, muss gegen jede neue Straße und gegen Schorn auf die Barrikaden gehen. Und wie bei allen Gewerbegebieten kommt der „Goldregen“ ja keineswegs gleich sondern allerfrühestens in 10 – 15 Jahren, oft genug überhaupt nicht, zuerst müssen wir erst mal tief in die Tasche greifen: für die Ertüchtigung der Unterführung Wangen/Schorn stehen in diesem Jahr 200.000 € im Haushalt im nächsten Jahr schon 661.000.
Und zum Schluss: Ungünstiger Weise findet der Klimawandel und das Artensterben statt, auch wenn man nicht daran glaubt und auch gar nichts dafür tut, um die Folgen wenigstens ein bisschen abzumildern. Wenn wir Grünen also diesem Haushalt zustimmen, dann machen wir etwas was für Grüne eigentlich gar nicht geht: dicke dicke Kröten schlucken.